Vilnius - Krakau - Bologna 09-2015 (DE)

Sonntag, 6. September 2015, Vilnius, Litauen

Auch wenn es vorher einige Schwierigkeiten gab, bin ich jetzt in Vilnius. Eigentlich hatte ich das RyanAir Ticket schon für Donnerstag. Aber manchmal gibt es Gründe, eine Reise zu verschieben. Für mich war es eine klare Entscheidung. Für 50 Euro geht auch bei den Iren das Umbuchen gleicher Flug zur gleichen Zeit. Auch der Bus sollte zur gleichen Zeit fahren, als Backup sogar noch einmal eine Stunde später. 

Dachte ich. Aber irgendwie hatte ich wohl auf die Abfahrtzeiten von Hahn statt von Frankfurt Hbf geschaut. Für halb zehn war es schon etwas knapp, dann hatte ich noch die Kamera zu Hause vergessen (fast so wichtig wie Geld und Handy). Aber ich hatte noch den Bus eine Stunde später um halb elf, frühstückte noch gemütlich und war 20 nach zehn an der Bushaltestelle, die verdächtig leer war.  Ein Blick auf den Fahrplan zeigte, dass es zwar Bus und Backup gab, aber eine halbe Stunde früher. Grrr, da hatte ich wohl vorher auf die falschen Zeiten geschaut gehabt.

Der nächste Bus fuhr erst um zwölf, viel zu spät. Also rüber zum Eisenbahnhof, um es in Mainz zu probieren, von wo es noch weitere Busse gibt. Der nächste Zug fuhr gleich vom anderen Ende des Bahnhofs und schloss gerade die Tür vor meiner Nase. 20 Minuten später gab es einen ICE, der gemächlich in einer halben Stunde nach Mainz fuhr. Die Idee mit dem Bus hatte gestimmt, aber der war bereits 20 Minuten früher genau um elf gefahren. Also blieb nur noch das Taxi, das von Mainz wenigstens noch etwas billiger als von Frankfurt war, ein Drittel der Strecke war ich ja schon im Zug gefahren. Der Taxifahrer hatte kurz vorher eine Kurzstrecke sausen lassen und freute sich jetzt sehr darüber, da er mit mir eine lange Tour hatte und auch in Hahn gleich noch 4 Fahrgäste in eines der Nachbardörfer fahren konnte.

Der Rest klappte dann gut. Ich stellte fest, dass ich mir noch einen kleinen Rollkoffer als größeres Handgepäck zulegen sollte. Mein großer Rollkoffer wog knapp 16 kg und war damit gerade 700 g über der Preisstufe für billigeres Handgepäck. Ich hatte zwar gleich bis 25 kg gebucht, aber 10 Kilo weniger sind genau 10 Euro weniger.

Das Wetter war grau und regnerisch, vielleicht 16 Grad. Von einer Mitreisenden lernte ich gleich das erste litauische Wort "Aciu" für danke. Zumindest spricht es sich so. Flug über den Wolken, ich horte eine Meditationkassette und schlief dabei ein. Und wachte über einem Wolkenarmem Kaschubien auf. Zumindest vermute ich das. Kurz danach flogen wir durch einen fast wolkenlosen Himmel über einer Reihe von Seen. Masuren, wo ich vor langer Zeit, auch im Spätsommer, Renata getroffen hatte.

Ankunft in Vilnius, bei etwa 25 Grad Ost und 54 Grad Nord deutlich nördlicher und östlicher. Folgerichtig war die Uhr eine Stunde vorzustellen. Wetter und Temperatur waren fast wie beim Abflug, vielleicht sogar 2 Grad wärmer und trocken. Die Wahrung war auch die gleiche. Anfang des Jahres tauschte Litauen seine Litas in Euros. Lina und ihr Freund Vilus *zu deutsch Willy* begrüßten mich herzlich. Beide haben im Augenblick viel Stress mit Linas altem Arbeitgeber, der sie zwar braucht, aber die letzten Tage nur anschrie. Weshalb sie die Arbeit beide am Dienstag hinwarfen. Der Boss ist übrigens ein 72/jähriger Schweizer, der nichts von Computern versteht und in Litauen zwar die niedrigen Löhne schätzt, aber ansonsten die Menschen als faul ansieht.

Ausflug zum Belmonta Park, wo Lina mit mir vor 3 1/2 Jahren auch schon gewesen war. Dieses Mal im Sommer, auch mit besserer Kamera. Es gibt einige historische Ausstellungsstücke wie alte Wagen und Truhen. Und im nahen Restaurant testete ich das litauische Bier, das sehr gut schmeckt und litauische Zeppelinas, gefüllte Teigrollen.

Da Linas Wohnung voll war, brachte sie mich in einem Hotel unter, wo ich, müde wie ich war, auch gut und ausgiebig schlief.

Heute morgen stellte ich fest, dass die Besitzerin eine Polin ist. Auf Polnisch klappte die Verständigung und war sehr herzlich.

Das Wetter war inzwischen sonnig und warm geworden. Gegenüber dem Hotel entdeckte ich einen kleinen Mietergarten, in dem zwei große Erdbeeren gerade reif waren. Lina und Villus holten ich ab und wir machten einen Ausflug nach Trakai. "Ten Years after". Dort war ich mit Renata vor zehn Jahren gewesen. Inzwischen hatte sich der Tourismus dort gut entwickelt, und der Ort erinnerte an ähnliche Plätze in Polen oder Ostdeutschland. Litauen war vor zehn Jahren das ärmste Land des Baltikums gewesen. 

 

 

Mittlerweile hat sich dort auch für die Oberschicht der Wohlstand nach westlichem Niveau entwickelt, erinnert an das Umland polnischer Metropolen mit Autobahnen und Einkaufszentren. Die Preise sind etwa auf der Hälfte des deutschen Levels. Die Löhne und Renten etwa bei einem Drittel. Die Steuern sind vor allem für niedrige Einkommen höher, vielleicht war Thatcher unschönes Vorbild. Das Sozialsystem dagegen sehr dürftig.

Inzwischen bin ich bei Lina und Vilius zu Hause in einer Neubauwohnung in Vilnius, gelegen im Stadtteil Fabricijiones im Norden der Stadt. Bei der Ankunft gab es dann Regen. Also ungefähr wie zu Hause. Ein paar neue Worte Litauisch lernte ich auch. "Laba" für gut, "laba dien" *guten Tag*, "Izvikata", (ist wie Kater), für Prost, "iki" für tschuess.

Iki für heute.


Dienstag, 8. September 2015, Vilnius, Litauen
Jetzt bin ich 3 Tage in Litauen bei meiner Freundin Lina und ihrem Freund Villus. Nach der ersten Nacht im Hotel schlafe ich jetzt auf der Couch im Wohnzimmer. Mit in der Wohnung sind Linas beide Söhne Vakaris, der jetzt 12 ist und Lucas, etwas über 20, Villus und ihre Mutter. Das ist nicht ganz einfach, vor allem, wenn die Mutter in alles hineinreden möchte und für alles fragt, während Lina arbeitet. Sie arbeitet selbständig als Übersetzerin.
Das Wetter ist ähnlich wie in Deutschland, etwas unter 20 Grad, mal Sonne, mal Wolken und Regen. Gestern Ausflug mit Lina zu einem Park mit schöner Aussicht. Unterwegs sahen wir ein Eichhörnchen und einen Eichelhäher.
Nachmittags fuhr ich allein zum Bahnhof, um Züge zu schauen. Tatsächlich gab es zwei interessante Schnellzüge nach Klaipeda (Memel) und Moskau. Nebenbei erkundete ich auch Busverbindungen nach Polen. Frühmorgens, am frühen Nachmittag und abends fahren mehrere Gesellschaften und brauchen etwa 8 Stunden bis Warschau.

Es gibt eine Art S-Bahn zum Flughafen, einen Triebwagen alle halbe Stunde, der vermutlich häufiger unterwegs ist als die Flugzeuge. Der Stadtverkehr wird mit Bussen und Trolleybussen bestritten, die großenteils ob ihres Alters meine Kumpels vom Nahverkehrsforum begeistern dürften. Die hiesigen Einwohner eher weniger, nicht wegen ihres Alters. Sondern weil die Busse recht langsam unterwegs sind, etwa 45 Minuten für 10 km und auch sich nicht unbedingt an die Fahrpläne halten. Dafür gibt es seit einigen Jahren im Bahnhof ein Modell von einer geplanten Metro für Vilnius.
Das Leben in Litauen ist schwer, es gibt wenig Arbeit und praktisch kein Sozialsystem. Bei etwa halben Preisen wie in Frankfurt sind die Mindestlöhne und Renten bei etwa 300 Euro - ohne ergänzendes Sozialsystem. Mieten und Immobilienpreise sind trotz fehlender Arbeit und Auswanderung der Bevölkerung in den Großstädten hoch. Auf dem Land kosten sie wenig, Lina träumt von einem Sommerhäuschen nahe der Ostsee für wenige tausend Euro. 

Die Flüchtlingsströme sind auch hier Gesprächs-thema. Lina und Villus erbost etwa, dass Flüchtlinge hier den doppelten Satz des Mindestlohns, nämlich 600 Euro erhalten. Und niemand versteht, warum alle straight nach Deutschland müssen.
Ein ganz anderes Thema: Lina hat mir geholfen, eine Blog-Webseite einzurichten. Für alle, die schauen wollen: www. jochenickert.de  Vorübergehend wird möglicherweise eine andere Adresse erscheinen, aber auf jeden Fall meine Seite, die ich mit der Zeit mit Inhalten füllen werde. Auf jeden Fall werdet Ihr dort bald meine gesammelten Reiseberichte finden.
Liebe Grüße aus dem heute nieseligen Vilnius

Warschau, Polen, Donnerstag, 10. Sept. 2015
Inzwischen bin ich in Polen bei meinem alten Freund Wojtek in Warschau. Warschau ist eine praktische Zwischenstation für alle Reisen in östlichen Regionen, so bin ich öfter zu Besuch bei ihm.

Gestern wurde das Wetter auch in Litauen sonniger. Um kurz vor 15 Uhr fuhr mein Bus, das Ticket für die gut 500 km kostete 17 Euro. Ich hatte noch etwas Zeit, kaufte ein paar Souvenirs für Wojtek und seine Frau und für meine Freunde in Krakau. Und besuchte das Eisenbahnmuseum im Bahnhof. Litauens erste Eisenbahn wurde 1858 eröffnet und war Teil der Magistrale von St. Petersburg nach Warschau, alles war damals russisches Territorium.

Über die Autobahn nach Kaunas, die Landschaft neben der Strasse ist mit riesigen Werbetafeln gepflastert. Teile des Landes um die Metropolen sind bereits im Stil der „schönen neuen Welt“ gestaltet, gläserne Büropaläste, riesige Supermärkte und Einkaufszentren, Fertigbau Einfamilienhaus-siedlungen und grosse Strassen. 

Allerdings austauschbar, nur an der Sprache der Werbung ist erkennbar, wo ich bin. Selbst die Firmen sind überall gleich, so fährt DHL auch in Litauen Pakete spazieren. Diese Welt für das obere Viertel oder Drittel. Über die Bedingungen für die ärmeren Schichten der Bevölkerung habe ich schon berichtet.

Neben den modernen Glas- und Einkaufspalästen grosse Plattenbau-Blocks aus sowjetischer Zeit. In den Jahren von 1960 - 1985 verdoppelte Vilnius seine Einwohnerzahl von knapp 300.000 auf in besten Zeiten 540.000. Die meisten in besagten Plattenbauten, denen oft die mangelnde Pflege anzusehen ist. Auf dem Lande, aber auch oft mitten im Zentrum der Städte kleine Holzhäuser, manchmal gut, manchmal schlecht erhalten als Zeugnisse früherer Zeiten.

In Kaunas kurzer Aufenthalt, der Busbahnhof im Zentrum neben einem verfallenden Krankenhaus und einer alten Kirche, in direkter Nachbarschaft ein Einkaufszentrum mit Kino-Zentrum und modernem Parkhaus.

Über eine Flussbrücke auf die Strasse nach Süden, durch das Hügelland Süd-Litauens in den Nordosten Polens, Podlasien. Noch mehr und noch grössere Werbetafeln - Polen ist Litauen eindeutig einige Jahre voraus. Immerhin sind auch die Strassen besser. Grössere Hügel, mehr Wälder und einige Seen. Und grosse Plattenbau-Blocks auch in kleineren Städten wie Suwalki und Augustow. Die sozialistische Architektur war wenig sensibel, hatte aber wohl auch einige Wohnungsprobleme zu lösen.

Über dem östlichen Masuren gab es einen schönen Abendhimmel, das Wetter war eindeutig sonnig und mild geworden. Später sah ich mir im Bordcomputer einen Kinofilm an, *About Time*: Die männlichen Mitglieder einer in Cornwall lebenden Familie haben die Möglichkeit, innerhalb ihrer Lebensspanne in der Zeit zurück zu reisen. Dieses ist manchmal eine grosse Hilfe, zum Beispiel bei der Partnersuche - LOL - aber nicht immer, und schliesslich lernt der Sohn, als der Vater todkrank ist, noch die Lektion, jeden Tag zu nutzen, als wäre es der letzte.

Zum Ende des Films war der Bus nach etwa 9 Stunden Fahrt auch in Warschau. Zwischendurch hatte ich mit Wojtek schon einige Nachrichten ausgetauscht. Jetzt hiess es, erst einmal, Bargeld zu beschaffen: denn Polen hat noch als Währung Zlotys. Der erste Geldautomat im Bahnhof tat es nicht, aber immerhin der naschte im Einkaufszentrum. Ausgestattet mit Zlotys konnte ich mir auch einen Abendimbiss und eine 24-Stunden-Karte für die Metro besorgen. Vom Bahnhof zur Metro sind es 300 m, und auf dem Weg traf ich beim Fotografieren des Kulturpalasts eine Psychologie-Studentin aus Frankfurt bei der gleichen Aktion.

Wojtek hiess mich herzlich willkommen. Inzwischen verbrachte ich meine erste Nacht in Polen und habe auch schon mein Ticket für heute Abend nach Krakau. Das Wetter ist übrigens sonnig hier.

Herzliche Grüsse aus Warschau

Krakau, Polen, Samstag, 12. September 2015
Liebe Freunde,

mittlerweile bin ich in Krakau, kurz vor dem Aufbruch nach Wroclaw. Den Donnerstag verbrachte ich mit meinem alten Freund Wojtek. Wir sahen uns die nach einigen Pannen kürzlich in Betrieb gegangene 2. Metro-Linie und den Stadtteil Praga an. 


Einst das Schmuddelviertel, in das sich kaum die Polizei traute, ist der Stadtteil mit EM-Stadion und neuer Metro im Umbruch. Auf dem Gelände einer alten Wodka-Fabrik sollen Eigentumswohnungen gebaut werden, alte Häuser werden modernisiert, das Viertel erinnert ans Frankfurter Nordend oder Hamburg-Winterhude. Daneben noch das alte Praga mit verfallenden Altbauten, die eine Zeit lang von Künstlern in Beschlag genommen wurden. In die Mauern zwischen den Höfen wurden Durchlässe geschlagen, auf den Höfen wilde Gärten und Spielplätze eingerichtet, Skulpturen und Graffiti. Und typisch für das traditionelle Polen stehen in einigen Höfen Marien-Altare.

Mit dem Schnellzug für 15 Euro über 300 km nach Krakau. Ich fand noch einen der wenigen alten Schnellzüge, die über die bereits in sozialistischer Zeit gebaute Schnellstrecke CMK nur ein paar Minuten länger als die neuen Pendolinos brauchen. Unterwegs wollte ich mir einen Imbiss kaufen, hatte aber nur einen 50-Zloty-Schein, der nicht gewechselt werden konnte. Da brauchte ich nichts zu bezahlen.

Ankunft auf dem Krakauer Bahnhof Plaszow in leichtem Nieselregen. Noch etwa 15 Minuten Fussweg zu meinen Freunden am Rande des Stadtteils. Tomek arbeitet in der Verwaltung der Verkehrsbetriebe, fährt aber manchmal noch einen Bus oder eine Strassenbahn. Marta hat Musik studiert, arbeitet aber als Buchhalterin. Und dann gibt es noch die weiss-bunte Katze Bemol, die viel unterwegs ist.

Gestern gingen Tomasz und Marta gegen 6 Uhr zur Arbeit. Ich schlief aus und unternahm gegen 10 Uhr einen Ausflug zum Salzbergwerk in Wieliczka. Unterwegs gab es einige Blumen zu fotografieren. Nach Wieliczka fährt mittlerweile alle halbe Stunde eine Art S-Bahn mit modernen Zügen. Die Fahrkarten kann man in der Bahn kaufen, mit 3 Zloty ausgesprochen preiswert.

Im Salzbergwerk gibt es Führungen auf Polnisch für 55 Zlotys (etwa 14 Euro) und in anderen Sprachen für 79 Zloty (etwa 20 Euro). So wird das Verbot, andere EU-Bürger zu diskriminieren, geschickt umgangen. Ich kann zwar einiges Polnisch, nahm aber doch die teurere Führung auf Englisch. 

Gegenüber dem letzten Besuch vor 10 Jahren ist alles viel professioneller aufs Geschäft ausgerichtet. Die Route ist noch die gleiche wie früher: Wir steigen über lange Treppen 64 m in die Tiefe, sehen verschiedene Abbaubereiche und lernen über die Salzgewinnung. Das Salz war im Mittelalter hochwertvoll, so wie heute Erdöl. In den Städten wurde es zum Konservieren der Lebensmittel benutzt und galt als Zahlungsmittel. Das englische Wort SALARY leitet sich vom Salz ab. 

Aufenthalt in der grossen Halle mit einer Kirche in den Ausmassen einer Bahnhofshalle. Und dann halbe Stunde Aufenthalt am unterirdischen Souvenirshop, bevor es zum unterirdischen See weitergeht. Auch das Ende der Tour war an einem weiteren Souvenirshop. Es gab die Möglichkeit einer Multimedia-Schau, Mineralien in normalem und in ultraviolettem Licht zu sehen - für Fotos spannend. Der Weg zum Aufzug nach oben führte durch das Restaurant, unterwegs noch mit Bildern von Speisen garniert.

Wieder aus inzwischen 130 m im Tageslicht, machte ich einen Spaziergang durch den Park zur Saline und entspannte mich dort für eine Weile, was meiner leicht verstopften Nase gut tat. Es gibt sogar die Möglichkeit, für etwa 45 Euro in einer unterirdischen Salzgrotte zu übernachten. Spaziergang durch das Städtchen zum Marktplatz, wo es weitere Schächte gibt. Skyline von Wieliczka mit Kirchtürmen und Förderturm des Schachtes REGIS. Abendessen im Pfannkuchenhaus am Markt, dann mit der S-Bahn nach Hause.

Tomasz ging früh schlafen, weil er heute um 4 Uhr Dienst auf einem Bus hatte. Ich zeigte Marta meine Fotos. Sie teilt inzwischen die Begeisterung ihres Freundes für Busse und Bahnen und kennt sich gut mit den Fahrzeugen aus, die in Krakau unterwegs.

Nachher geht es weiter nach Wroclaw, um morgen nicht eine ganz so lange Reise an den Main zu haben und auch bei Verspätung gut nach Hause zu kommen. In Polen gibt es zwar mittlerweile die Hochgeschwindigkeitszüge Pendolino und neue Regionalstrecken in den Metropolen. Der Verkehr zwischen den Städten und ins Ausland wurde allerdings drastisch reduziert, teils wegen Baustellen, teils wegen Einsparungen. Ich lästere schon, dass 1990 das Zugangebot besser war.

Herzliche Grüsse

Frankfurt am Main, Montag, 14. Sept. 2015
Aufbruch von Tomasz und Marta am Samstag Nachmittag. Sie wollten in der Nähe von Krakau klettern gehen und gingen mit mir zur Straßenbahn. Mit der zur Stadtbahn ausgebauten Linie 50 dauerte die Fahrt zum Bahnhof nur knapp eine Viertelstunde. Richtig, die Straßenbahn wird am Bahnhof zur U-Bahn und hält im Tunnel. Der altehrwürdige Hauptbahnhof wurde in den letzten Jahren modernisiert und mit Aufzügen ausgestattet, ein großes Einkaufszentrum dazu gebaut. Eigentlich ist es jetzt ein Einkaufszentrum mit Erweiterungen um einen Eisenbahnhalt, einen Busbahnhof und eine Stadtbahn-Haltestelle.

Der Bahnanschluss bietet eine stündliche Pendolino-Verbindung nach Warschau. Die ist jetzt etwa eine halbe Stunde schneller als die alten Expresszüge und kostet etwa doppelt so viel. Weil die übrigen Strecken umgebaut werden, ist das übrige Zugangebot in andere Regionen drastisch reduziert worden, sodass die Zugreise von Krakau nach Frankfurt etwa genauso lange dauert wie vor etwas mehr als 20 Jahren, aber wesentlich umständlicher ist. Gab es etwa Anfang der 90er Jahre durchgehende Nachtschnellzüge von Warschau und Krakau nach Frankfurt, zeitweise sogar bis Paris, muss jetzt mehrmals umgestiegen werden, weil überall gebaut wird.

Ich bestieg gegen 16 Uhr 20 den mehrmals täglich fahrenden Intercity nach Wroclaw, der über die Neubaustrecke via Czestochowa die 320 km in etwas mehr als 3 Stunden schafft. So weit, so gut, und ich hatte noch nette Unterhaltung in meinem Zugabteil. 

Gleich am Bahnhof von Wroclaw gibt es 2 große Hotels, und beide waren voll. Ziemlich schlecht gelaunt stieg ich in den nächsten Regionalzug in die etwa 65 km entfernte Provinzstadt Legnica mit gut 100.000 Einwohnern. Dort fand ich dann wenige hundert Meter vom Bahnhof in Richtung Altstadt ein preiswertes Zimmer für 25 Euro im "Hotelik" ("Hotelchen") und hatte dann noch etwas Zeit, einen Spaziergang in die Altstadt zu machen und ein Bier zu trinken.

Sonntag Morgen war herrliches sonniges und warmes Wetter. Nur der Umstand, dass mein Koffer schon sehr voll war, hinderte mich daran, die langen gegen kurze Hosen zu vertauschen. Für Sandalen reicht es noch. Nach Ausschlafen und spätem Frühstück machte ich noch vor der Zugabfahrt gegen 12 Uhr 30 einen Fotospaziergang in die Altstadt. 

Erstaunlicherweise wartete mein Regionalzug nach Zgorzelec an der deutschen Grenze den verspäteten Zug aus Wroclaw ab. Das war zwar früher bei uns auch so, aber inzwischen ist es nicht mehr so. Die Regionalbahn-Gesellschaften müssen bei häufigen Verspätungen an ihre Besteller Strafgebühren zahlen, und warten deshalb ungern auf verspätete Fernzug-Anschlüsse. Die PKP fährt übrigens selbst kaum noch Regionalzüge. Dieses wird von den jeweiligen Landesbahn-Gesellschaften übernommen.

Nach etwa 1 1/2 Stunde waren wir gegen 14 Uhr in Zgorzelec. Laut Fahrplan sollte dort ein Bus nach Görlitz warten. Aber nichts war zu sehen. So zogen wir insgesamt etwa zu 5 Reisenden mit unseren Rollkoffern ins etwa 4 km entfernte Görlitz los - wie vielleicht vor 150 Jahren, als die jeweiligen Landesfürsten auch ihre Eisenbahnen nur bis kurz vor ihre Grenze bauten. Immerhin war schönes Wetter, und es gab einige historische Baudenkmäler beiderseits der Neisse zu sehen, die hier der Grenzfluss ist. 

Die österreichische Grenze wäre bei der derzeitigen Lage mit gewaltigen Flüchtlingsströmen ins gelobte deutsche Land schwieriger gewesen, so war es nur ein Fußmarsch von einer Stunde bis in die Innenstadt von Görlitz. Dort gab es dann noch für die letzten 500 m eine Fahrt in einer von Frankfurter Nahverkehrsfreunden als historisch angesehenen Tatra-Straßenbahn. Und unterwegs erfuhr ich, dass ab Dezember mindestens für das Jahr der "europäischen Kulturhauptstadt Wroclaw" wieder durchgehende Züge zwischen Wroclaw und Dresden fahren sollen.

Ich hatte noch etwa 20 Minuten Zeit, mir für die Weiterfahrt etwas Reiseproviant zu kaufen. Dann ging es mit einem Diesel-Triebwagen des "Dreiländer-Express" (Trilex) nach Dresden. Der füllte sich mit der Zeit immer mehr, einige Fahrgäste mit Fahrrädern kurz vor Dresden mussten sogar zurückbleiben. 

Umsteigen in Dresden-Neustadt, allerdings fuhr der nächste Zug in Richtung Main erst einmal nur bis Leipzig. Dort eine Stunde Aufenthalt nach Fahrplan, die wegen Verspätung zunächst sich auf eine halbe Stunde verringerte. Es reichte gerade, weitere Reiseverpflegung zu kaufen und ein paar Fotos zu machen. Der Zug nach Frankfurt hatte allerdings auch Verspätung, und so wurde es doch eine knappe Stunde im Leipziger Bahnhof. Die weitere Fahrt nach Frankfurt verlief dann ohne größere Ereignisse. Die Verspätung wegen Baustellen wurde noch etwas größer, aber was störte mich das ? Lieber leicht verspätete als gar nicht bzw. selten fahrende Züge.

Gegen 23:30 Uhr war ich dann am Sonntag wieder im heimatlichen Frankfurter Hauptbahnhof.

Frankfurt am Main, Mittwoch, 16. Septe. 2015
Liebe Freunde,
Ihr habt gedacht, jetzt bin ich gut wieder in Frankfurt, jetzt sind die Reiseberichte zu Ende ? 3 Tage Aufenthalt, und morgen geht es noch einmal für ein paar Tage nach Bologna. Übrigens auch mit dem Zug, sodass ich dann innerhalb von etwas mehr als einer Woche die gut 3.000 km lange Strecke von Vilnius in Litauen quer durch Europa auf dem Landweg zurückgelegt habe. Vielleicht ein Thema für eine Fotoausstellung ?

3 Tage Büro, gleich mit dem Einbezug in eine abendliche Veranstaltung am nächsten Montag. Das Hallo der Kollegen, die auf meine Urlaubserlebnisse neugierig waren. Und die Bitte von Kollegen, auf Fototour nach Straßenbahn-Bildern für eine Broschüre zu gehen. 

Das fiel am Montag wegen Regen buchstäblich ins Wasser, dafür Kinobesuch mit einer lieben Freundin: "Broadway Therapy", eine sehr sehenswerte amerikanische Komödie über ein Callgirl, das erst Theater- und schließlich Filmstar wird. Und dazu als stehender Witz "Squirrels for nuts" Gestern dann trockenes Wetter, das am Nachmittag richtig sonnig und warm wurde - gute Gelegenheit für meine Bilder.

Heute dann Dauer-Nieselregen, in dem ich es aber trotzdem auf 24 Fahrrad-Kilometer brachte. Geburtstagsgrüsse im Büro und von einigen Freunden. Und als Geschenk von der Stadt darf man am Geburtstag 3 Stunden früher gehen. Da stand dann wieder Kino an, dieses Mal der Kinderfilm "Minions" mit der schon bekannten Freundin und ihrem Sohn. 

Das war dann auch für uns lustig und sehenswert: Ein Animationsfilm mit den Minions, kleinen gelben Wesen, die immer auf der Suche nach dem großen Boss sind, dem sie dann dienen, allerdings selten mit Erfolg. Nun wollen sie der größten Schurkin Scarlet sich andienen und die englische Königskrone stehlen. Das führt dann zu vielen Verwicklungen :-).

Danach noch australisch essen im "Yours" in der Innenstadt, Mirsha war ganz begeistert, einen Burger mit Krokodilfleisch zu essen.

Jetzt höre ich auf - in 8 Stunden fährt mein Zug nach München ab. :-)

Liebe Grüße

Bologna, Italien, Samstag, 19. September 2015
Liebe Freunde,
nach auch mit Regen sehr schönem Geburtstag in Frankfurt ging es Donnerstag früh weiter nach Bologna. Mit der Bahn, was hinsichtlich Zeit und Geld mit dem Ryanair-Flug via Pisa vergleichbar war, aber mir das Erlebnis der Alpenüberquerung über einige Stunden bot. 

Dieses Mal ging alles glatt, und ich kam sogar 1 !/2 Stunden früher als geplant in Bologna an: Abfahrt um 8 Uhr 54 mit dem ICE vom Frankfurter Hauptbahnhof. Konnte ich noch bei Lohr die wolkenverhangene Spessart-Landschaft am Main fotografieren, bot mir meine Geburtsstadt Nürnberg schon den berühmten bayerischen weiss-blauen Himmel mit Sonne und Wolken. Vorbei an den Hopfengestängen in der Hallertau bei Ingolstadt, wo einer der Rohstoffe fürs bayerische Bier wächst. Bis München waren die Wolken verschwunden, und satte 25 Grad begrüssten mich. 

Die Expresszüge nach Wien und Klagenfurt waren wegen der Flüchtlingsströme gestrichen worden, und ich überlegte schon, nach Kufstein den Regionalzug Meridian zu nehmen, der ebenso fuhr wie der nach Salzburg. Aber die Italienstrecke war nicht berührt und diente sogar bis Wörgel als Ausweichstrecke für Reisende nach Wien und Kärnten.

So hatte ich 1 /2 Stunden Zeit, mir Verpflegung und spannenden Krimi zu besorgen und interessante Züge wie den Alex nach Prag zu fotografieren. Von Flüchtlingen war wenig zu sehen. Dafür fuhr mein Eurocity nach Verona ganz brav um 13:38 Uhr ab, und ich machte es mir mit Brotzeit und Krimi und Kamera in einem Abteil bequem, das ich sogar für mich alleine hatte. Ab und zu gab es dann nette Kontakte mit Mitreisenden nebenan. Das Inntal hinauf den Alpen entgegen zog sich der Himmel wieder zu und war am Brenner richtig wolkenverhangen. Es gab aber noch genug tolle Ausblicke auf die Berge. Etschabwärts wurde es nach und nach wieder sonniger, immer wieder tolle Ausblicke auf Berge und Weingärten.

Im klimatisierten Zug war nichts davon zu spüren gewesen: In Verona empfingen mich schwülwarme knapp 30 Grad. Der nächste planmäßige Anschluss fuhr erst in 2 Stunden. Aber ich probierte mein Glück mit dem Eurostar, der in genau 1 Minute vom Nachbarbahnsteig nach Padua und Venedig fuhr. 


Schaffte ich ! Zwar ohne Ticket, aber es kam auch niemand kontrollieren. In Padua das gleiche Spiel: Leicht verspätet, hatte ich gerade 5 Minuten Zeit zum Umsteigen, keine Zeit für einen ordnungsgemäßen Fahrkartenkauf. Im Voraus Tickets im Internet zu buchen wäre wegen der sehr grossen Unsicherheit, den Anschluss zu schaffen, auch ein Risiko gewesen. 

Dieses Mal wollten sie gleich beim Einsteigen die Fahrkarten sehen. Anscheinend verkaufen sie in den Eurostar-Zügen entweder gar keine Nachlöse-Tickets, oder nur mit hohem Aufpreis oder Aufwand. Ich versuchte in radebrechendem Italienisch meine Situation zu erklären und zeigte meine Fahrkarten von Frankfurt bis Verona. Die Lösung war typisch Italienisch: Sie liessen mich einfach bis Bologna ohne weitere Kontrolle mitfahren. So kam ich dann dort schon kurz vor 21 Uhr statt kurz vor halb elf an.

Mit meiner Gastgeberin Roberta hatte ich schon telefoniert, sie holte mich mit dem Auto ab und begrüsste mich herzlich. Freudige Überraschung: Sie hat zwei Katzen, Pepe, mit männlichem Namen, aber eine 4 Jahre alte graue Kätzin, und Fussilo, rot-weiss und 2 Jahre alt. Beide musterten mit einer Mischung aus Scheu und
Neugier. Ich brachte Roberta meine Gastgeschenke mit: Hessischen Apfel-Prosecco und heimischen Apfelwein.

Erst einmal ausschlafen, dann ging es mittags zur Stadtbesichtigung. Sommerliche 30 Grad, also kurze Hose, Sandalen, Sonnenbrille und Käppi. Roberta wohnt nördlich der Bahn nicht weit von der Innenstadt, zu Fuss etwa eine halbe Stunde bis zur Piazza Maggiore. Bolognas architektonisches Markenzeichen sind die langen Arkaden, die sich kilometerweit durch die Stadt ziehen. 

Im Sommer bieten sie Schatten, im Winter Schutz vor Regen. Da Bologna am Rande der Po-Ebene liegt, ist das Klima eher feucht, das sind wir ja von Frankfurt gewohnt. Als weitere Besonderheit gibt es ein Kanalsystem. Im Mittelalter zogen sich diese Kanäle wie in Venedig durch die Stadt, wurden aber später grossenteils zugeschüttet. Einige Überreste gibt es noch. Roberta zeigte mir einen und erzählte, dass es organisierte touristische Kanalfahrten auch in den unterirdischen Bereich gibt. Muss sehr spannend sein und wäre für mich ein Grund für die nächste Reise :-).
Kaffeepause im Schatten der Due Torri, dem Wahrzeichen der Stadt. Doch wir zogen zunächst durch die Fussgänger-strasse zur Piazza Maggiore, vorbei am Palast des Koenigs Enzo. Ich kaufte mir ein italienisches Kinderbuch "Pimpa va a Bologna" (Pimpa besucht Bologna) und erfuhr, soweit meine Italienischkenntnisse es zulassen, dass Koenig Enzo etwas unfreiwillig seine Residenz in Bologna hatte. Am Hauptplatz gibt es - wie in Danzig - einen Neptunbrunnen, der beliebter Treffpunkt ist. Das Meer ist übrigens auch nicht weiter als von Hamburg entfernt, bis zur Adria bei Ravenna sind es etwa 80 km. Die Börse wurde mittlerweile zum Kulturzentrum umgebaut, mit Kinderbücherei und Ausstellung zur hiesigen Shoa-Gedenkstätte, die derzeit am Rande des Bahnhofs eingerichtet wird.

Durch die Altstadt durch einige Passagen zur Sankt Stefanskirche, deren Anfänge in die spätrömische Zeit reichen. Immer wieder erweitert, gibt es einen romanischen Zwölfeckbau, einen schönen Klostergarten und einen an die maurischen Gärten erinnernden Kirchgarten.

Weiter zu den Due Torri, die ich allein bestieg. Genau genommen bestieg ich nur den deutlich höheren Torre di Asinelli, der mit 90 m das höchste Gebäude der mittelalterlichen Stadt ist. Bereits damals wetteiferten die reichen Familien in Norditaliens Städten, wer den höchsten Turm bauen könnte. So muss Bolognas mittelalterliche Skyline der heutigen von Frankfurt durchaus etwas ähnlich gesehen haben :-), aber inzwischen sind nur noch wenige Türme erhalten. Am Mittag von Westen nicht zu sehen, war jetzt von Osten deutlich zu sehen, dass der zweite kleinere der "Due torri" mindestens so schief wie der von Pisa ist. 

Über knapp 500 Stufen nach oben und einen herrlichen Ausblick genossen. Gut zu sehen ist, dass die Berge des Apennin gleich im Süden der Stadt beginnen. Aber ganz weit im Norden waren im Dunst auch noch Berge zu erkennen, die wohl etwa 80 oder 100 km entfernt sich nördlich der Po-Ebene erheben und die ersten Ausläufer des Alpenvorlandes sind.

Abends ausruhen. Dann mit Roberta und ihrer Freundin Anna zur Disko. Beide sind irgendwo in den 40ern, meinem Alter also nahe. La Grotta ist ein riesiger Disko-Bau 16 km nördlich von Bologna mit verschiedenen Tanzflächen, die Gäste alle so in unserem Alter. Entsprechend geht es ruhig und friedlich zu. Anna und Roberta tanzten Standard-Tänze, ich sah schnell ein, dass ich auf der allgemeinen Tanzfläche gut aufgehoben war, wo einfach Sich-Mitbewegen angesagt ist.

Früh am Morgen kamen wir heim, die Katzen freuten sich und liessen sich dann auch von mir anfassen. :-) Neugier überwindet langsam die Scheu.

Liebe Grüsse aus dem sommerlichen Bologna

Frankfurt am Main, Montag, 21. September 2015

Wieder zu Hause in Frankfurt!


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